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Annäherung an ein Pferd - Auf das Pferd zugehen

Wenn wir z.B. auf der Weide oder Koppel auf das Pferd zugehen, tun wir das am besten von der Seite, von seitlich-vorn oder von seitlich-hinten, niemals aber frontal oder von hinten. Um das zu erreichen, wenn uns das Pferd Kopf oder Hinterteil zuwendet, und auf Rufen nicht reagiert, können wir einen Bogen gehen, um von der Seite an das Pferd herantreten zu können. Damit sagen wir dem Pferd in etwa: "Hallo Kollege, ich komme mit freundlichen Absichten auf dich zu."
Wenn ich so beim Pferd angekommen bin, sollte ich mich so drehen, dass ich dieselbe Blickrichtung wie mein Pferd habe.

Während der gesamten Annäherungsprozedur blicke ich dem Pferd nicht direkt in die Augen (siehe nächsten Artikel "Blicke"). Befreundete Pferde tun das alles genau so.

Freundliches Anklopfen

Wenn ich den Eindruck, dass ich selbst auch ein Pferd, und zwar eines mit freundlichen Absichten bin, noch verstärken will, kann ich auf dem Weg zu meinem Pferd im Abstand von 7-10 Metern für ein paar Sekunden stehenbleiben - und zwar genau dann wenn das Pferd für einen Moment den Kopf ganz leicht in meine Richtung hebt, oder wenigstens kurz ein Ohr zu mir dreht - und erst dann meinen Weg ruhig fortsetzen. An diesem Punkt habe ich den Individualbereich des Pferdes erreicht. Während ich stehe, schaue ich mich ruhig in der Gegend um. Pferde tun das auch so. Sie beachten so den Individualbereich des anderen Pferdes: Sie kommen dem anderen Pferd näher, warten ab, ob das andere Pferd einverstanden ist, und nähern sich erst dann weiter: "Ich beachte deinen Individualbereich und will nichts tun, was dich aufregt oder dir nicht gefällt."

Aus Sicht des Pferdes hat das Stehenbleiben an der Grenze zu seinem Individualbereich in etwa die Bedeutung von Anklopfen an seiner Tür. Das In-der-Gegend-Umschauen zeigt ihm, daß ich - genauso wie ein anderes Pferd - unsere Umgebung sichere, indem ich nach Gefahren (Raubtieren) Ausschau halte. Für das Pferd wirkt das vertraut und vertrauenserweckend: "Aha, der Zweibeiner benimmt sich ja wie ein Pferd. Außerdem paßt er auf gefährliche Pferdefresser auf. Er will mir diese Arbeit abnehmen. Das ist gut so, dann muß ich nicht mehr selbst so aufpassen! Bei dem bleibe ich."

Ich lade dich ein...

Spätestens beim Erreichen seiner Individualdistanz wendet das Pferd mir also das erste Mal während meiner Annäherung kurz seine Aufmerksamkeit zu. Wenn ich noch näher herangekommen bin (auf ca. 3 Meter), und mir das Pferd entgültig und deutlich den Kopf zuwendet, ist der Moment günstig, den Bogen eng zu ziehen, die gleiche Blickrichtung wie das Pferd einzunehmen, ihm einladend die Schulter zuzuwenden und stehenzubleiben. Nun ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß das Pferd den Rest des Weges bis zu unserem Treffen übernimmt.
Das Ganze hat den Charakter eines Freundschaftsangebotes und einer Einladung. Ob das Pferd sie annimmt, liegt bei ihm.
Falls noch ein Wegstück fehlen sollte, lege ich den Rest des Weges wieder im Bogen bis zum Pferd zurück (wie oben). Zur Begrüßung halte ich dem Pferd die Oberseite meiner Hand zum Beschnuppern hin, bevor ich es streichle.


Und wenn ich keine Zeit habe, stehenzubleiben?

Während der Annäherung an das Pferd stehenzubleiben kann ein ganz wichtiger "Schritt" sein. Vor allem dann, wenn das Pferd beginnt, sich zu entfernen. Würde ich jetzt weitergehen oder meinen Schritt sogar noch beschleunigen, hätte ich keine Chance, das Pferd einzufangen. Es würde ebenfalls immer schneller laufen, um den Abstand zu mir nur ja nicht zu verkleinern. Bemerke ich, daß das Pferd sich entfernen will (das ist eigentlich schon fast zu spät), bleibe ich sofort wie angewachsen stehen. Ich kann zur Bekräftigung sogar noch einen Schritt zurückgehen. Dann warte ich mit gesenktem Blick und entspannter Haltung wenigstens 15-30 Sekunden, manchmal länger, bevor ich langsam wenige weitere Schritte auf das Pferd zugehe. Spätestens, wenn das Pferd darüber nachzudenken beginnt, sich wiederum aus dem Staub zu machen, bleibe ich sofort wieder stehen und warte.
Mit dieser Methode ist es mir bereits mehrfach passiert, daß ein Pferd, das sich anfangs von mir entfernen wollte, es sich anders überlegt hat, und zu mir kam, oder sich wenigstens holen ließ.
Die in das Stehenbleiben und Warten investierten Minuten sind ungleich kürzer, als dem Pferd vielleicht eine Stunde lang hinterherzurennen und es dann doch nicht einzufangen.

Wenn ich jetzt die Möglichkeit habe, mich nach ein paar Minuten wieder zu verabschieden, ohne das Pferd "zur Arbeit" mitschleifen zu müssen, kommt es das nächste Mal vielleicht ganz von selbst auf mich zu.

Hier ein nettes Beispiel, wie sehr die Nutzung der Pferdesprache die Situation vereinfachen kann:


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Aninmiert:
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