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Die zwei Seiten eines Pferdes

Jemand hat auf dem Reitplatz seine Jacke über die Bande gehängt. Sie sind mit ihrem Pferd schon dreimal daran vorbeigeritten. Nichts ist passiert. Nun ist Handwechsel. Sie denken an nichts Böses. Alles funktioniert heute vormittag wunderbar. Plötzlich scheut das Pferd wegen der Jacke, die Sie schon längst nicht mehr für ein mögliches Problem gehalten haben.

Vielleicht ist es Ihnen auch schon aufgefallen: Was auf einer Seite des Pferdes funktioniert, muß auf der anderen Seite deswegen noch lange nicht funktionieren. Viele Dinge muß man dem Pferd offenbar von beiden Seiten beibringen.
Mein Pferd Guy sieht aufgrund einer Hornhauttrübung rechts nicht so gut. Deshalb ist er auf der rechten Seite etwas ängstlicher. - Gut. Eine mögliche Erklärung. Aber was ist mit den anderen Pferden, deren Augen beide gesund sind?

Die Ursache dafür finden wir im Aufbau des Gehirns der Pferde, genauer: des Großhirns. Rechte und linke Großhirnhälfte sind durch den sogenannten Balken, den Corpus Callosom miteinander verbunden. Dieser besteht hauptsächlich aus Axonen, also Nervenfasern. Das ist beim Menschen so, aber auch beim Pferd. Der Unterschied zwischen beiden besteht aber in der Stärke der Verbindung durch den Balken. Beim Menschen ist diese Verbindung stärker, intensiver und sogar schneller. Deshalb fällt es uns leichter, links gelernte Dinge ohneweiteres auf die rechte Seite zu übertragen und umgekehrt. Beim Pferd ist diese Fähigkeit dagegen sehr viel weniger ausgeprägt. Und dies ist der Grund dafür, warum wir unseren Pferden viele Dinge von beiden Seiten zeigen und beibringen müssen.