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Koppen

Was ist Koppen?

Beim Koppen zieht das Pferd Luft in den Magen. Dazu setzt es mit den oberen Schneidezähnen auf einem Gegenstand, der genügend Halt bietet, auf, um die Halsmuskulatur anzuspannen damit sich der Schlund öffnet. Das nennt man "Aufsetzkoppen". Es gibt einige wenige "Freikopper", die das auch ohne Aufsetzen der Zähne können. Das Einsaugen der Luft durch die Speiseröhre erzeugt ein für das Koppen typisches Geräusch. Die eingesogene Luft strömt (fast) vollständig wieder hinaus. Deshalb leiden Kopper auch nicht - wie früher befürchtet - vermehrt unter Koliken.
Diesen Vorgang wiederholen Kopper immer und immer wieder - stereotyp.
Koppen kann auch ein Hinweis auf eine Magenerkrankung sein; wir sprechen hier aber von der stereotypen Verhaltensstörung des Koppens.

Wie entsteht diese Verhaltensstörung?

Vielleicht versuchen wir mal, uns in die Situation eines betroffenen Pferdes hineinzuversetzen...

Stellen Sie sich vor, Sie sind wieder Kind. Bei Ihren Eltern fühlen Sie sich gut; sie haben eine ganz normale, behütete Kindheit. Eines Tages kommen fremde Leute zu Ihnen nach Hause und wollen aus Ihnen einen Leistungssportler machen, weil Sie die nötigen Anlagen dazu haben, sagen sie. Sie müssen mit den Leuten mitfahren. Dort (wo immer das auch ist) bekommen Sie ein kleines Zimmer, das nach praktischen Erwägungen mit dem Nötigsten ausgestattet ist. Es ist alles da, was man zum Leben braucht. Mehr aber auch nicht. Von innen läßt sich die Tür nicht öffnen. Sie haben keine Ahnung, was Sie von nun an erwartet.

Ihr Essen besteht aus einem Nahrungsmittelkonzentrat, welches alles enthält, was so ein Sportler braucht. Es hat einen angenehmen, aufregenden, kräftigen Geschmack. Aber es ist sehr schnell aufgegessen, und nach einer Stunde ist der Magen schon wieder leer. Zu Hause hatten Sie immer mehr zu Essen und auch mehr Zeit zum Essen.
Sie werden zum Training aus Ihrem Zimmer geholt. Es ist ein sehr anstrengendes Training. Oft verstehen Sie nicht, was genau Sie tun sollen. Sie fühlen sich überfordert und unsicher. Vom Weiten sehen Sie andere Kinder beim Training, aber Sie können nicht mit Ihnen reden, geschweige denn spielen.

So geht das nun Tag für Tag. Sie verlieren das Zeitgefühl und ergeben sich irgendwie in Ihr Schicksal. In Ihrem Zimmer ist es langweilig. Nichts, womit man sich beschäftigen könnte. Eines Abends entdecken Sie durch Zufall, daß man, wenn man die Muskulatur entsprechend anspannt, Luft in den Magen ziehen und wieder ausströmen lassen kann. Dabei entsteht ein Geräusch. Interessant! Endlich können Sie selbst dafür sorgen, daß mal was passiert! Sie probieren das immer wieder, und es klappt immer besser. Auch das geht nun so weiter, Tag für Tag. Bald können Sie das gar nicht mehr lassen; es gehört inzwischen zu Ihrem Leben dazu, es beruhigt Sie, es wird zu etwas Vertrautem, es gibt Ihnen Halt...

Sicherlich: die Geschichte ist ausgedacht und vollständig konstruiert: Ganz penibel nach den im Folgenden genannten Ursachen.
Die in der Literatur genannten, möglichen Ursachen für die Entstehung des Koppens sind folgende:
  • zu frühes Absetzen von der Mutter
  • Fehler bei der Ausbildung
  • zu früher Trainingsbeginn
  • zu hartes Training
  • Streß in der Jugend
  • Dauerhafte, erzwungene Unterordnung
  • zu wenig Beschäftigung
  • Fehler bei der Fütterung
  • schlechtes Stallklima
Warum sollte es Pferden anders gehen als Menschen? Dauerhafte Überforderung der Anpassungsfähigkeit führt zu Verhaltensstörungen sowohl beim Menschen als auch beim Pferd. Alles was man erlebt, hinterläßt Spuren.
Darüber hinaus vermutet man, daß die Veranlagung zum Koppen auch erblich sein kann.

Was kann man gegen Koppen tun?

Viele der genannten Ursachen kann man nicht mehr rückgängig machen. Es hilft auch nicht, wenn ich das inzwischen erwachsene Pferd wieder zu seiner Mutter zurückbringe...
Die wichtigste Maßnahme besteht in einer Verbesserung der Haltungsbedingungen: Am liebsten ganzjährige Weidehaltung mit ständigem Kontakt zu Artgenossen und einem ausreichenden Angebot an Rauhfutter. So ein Pferd muß häufiger sinnvoll beschäftigt werden, ohne es dabei zu überfordern. Leckerlies sind verboten, wenn sie das Koppen auslösen können. Kraftfutter sollte ebenfalls eingeschränkt oder nach Möglichkeit ganz weggelassen werden. Stattdessen sollte bei Boxenhaltung die Box mit freßbarer Einstreu bestückt sein (Stroh, keine Sägespäne), damit das Pferd auch dann noch etwas zum Kauen findet, wenn das Heu aufgefressen ist.

Zwangsmaßnahmen, wie ein Kopperriemen oder eine Op, bei der ein Nerv durchtrennt wird, verhindern nur das Symptom. Sie lösen nicht das zugrunde liegende Problem, und man nimmt dem betroffenen Pferd seine Bewältigungsstrategie. Die Verhaltensstörung kann sich dann auf andere Bereiche verlagern. Das Pferd könnte damit beginnen, exzessiv mit der Zunge zu spielen, immer wieder an der Zunge zu saugen oder stereotyp zu lecken...

Die Erfolgsaussichten einer Therapie sind am Anfang noch gut. Je länger die Stereotypie bereits besteht, desto schwieriger ist eine erfolgreiche Therapie.