Startseite - Gesundheit - Verhaltensstörungen

Verhaltensstörungen

Was sind Verhaltensstörungen?

Wir müssen zwischen unerwünschtem Verhalten und echten Verhaltensstörungen unterscheiden.
Definition:
Unerwünschtes Verhalten sind Verhaltensmuster, die im normalen Verhaltensrepertoire von Pferden vorkommen und uns beim Umgang mit dem Pferd aber hinderlich sind.
Verhaltensstörungen sind Verhaltensmuster, die ein Pferd in freier Wildbahn nicht zeigt, weil sie nicht zum normalen Verhalten von Pferden gehören. Diese Verhaltensweisen scheinen keinen Nutzen zu haben und nicht zielführend zu sein.

Unerwünschtes Verhalten

Zu unerwünschtem Verhalten gehören z.B. Rempeln, Beißen, Ausweichen beim Satteln, Trensen oder Putzen und ähnliche Verhaltensmuster. Beim Reiten spricht man von unerwünschtem Verhalten, wenn ein Pferd nicht den Reiterhilfen folgt, grundsätzlich zu langsam oder zu hastig unterwegs ist oder ähnliche Probleme macht. Die Ursachen liegen oft in einer zu Ungunsten des Menschen geklärten Rangordnung zwischen Mensch und Pferd oder in einer fehlenden oder fehlerhaften Ausbildung von Pferd und / oder Reiter. Unerwünschtes Verhalten läßt sich fast immer durch Korrektur der Rangordnung und Training beheben. Dazu muß man dem Reiter Wissen und Methoden in die Hand geben, die ihm den Umgang mit dem Pferd erleichtern und somit Sicherheit im Umgang mit dem Pferd vermitteln.

Pferde können unterschiedliche Charaktere haben. Deshalb beobachtet man oft, daß ein Reiter mit manchen Pferden gut zurecht kommt und mit anderen dagegen nicht, obwohl er bei beiden denselben Umgang pflegt. Häufig werden dann Trainer bemüht, die das unerwünschte Verhalten des Pferdes abstellen sollen. Nach kurzer Zeit werden aber dieselben Verhaltensmuster des Pferdes wieder auftreten, denn der Reiter hat sein Verhalten im Umgang mit dem Pferd ja nicht geändert.

Echte Verhaltensstörungen

Zu den Verhaltensstörungen zählt man beispielsweise Koppen, Weben, Wetzen und Boxenlaufen. Diese Verhaltensmuster sind oft nur schwer zu unterbrechen und beginnen sofort wieder, wenn der Reiz, also die Ablenkung, nicht mehr stark genug ist. Durch Training, Erziehung oder gar Zwangsmaßnahmen können Verhaltensstörungen nicht beseitigt werden. Auch sind sie nicht direkt durch den Wissensstand des Reiters beeinflußbar. Hier müssen die Ursachen ausgemacht und beseitigt und eventuell eine Therapie begonnen werden.

Wie entstehen Verhaltensstörungen?

Verhaltensstörungen entstehen, wenn die Grundbedürfnisse eines Pferdes nach Platz, Licht, Luft, Rauhfutter oder Kontakt zu Artgenossen über längere Zeit nicht befriedigt werden. Bis zu einem gewissen Grade kann ein Pferd das Fehlen solcher Bedingungen durch Ausgleichshandlungen aus seinem normalen Verhaltensrepertoire kompensieren. Reicht das nicht mehr aus, so sind diese Pferde in ihren Anpassungsmöglichkeiten überfordert. Es treten krankhafte Verhaltensmuster auf, in die sich die Pferde zu flüchten scheinen. Bei Verhaltensstörungen könnte es sich daher um Kompensationsstrategien der betroffenen Pferde handeln. Durch solche psychischen Störungen können auch körperliche Schäden entstehen, da diese Verhaltensmuster oft immer und immer wieder ausgeführt werden. Man spricht dann von Stereotypien.

Wie werden Verhaltensstörungen therapiert?

Eine Therapie von Verhaltensstörungen ist nicht immer erfolgreich. Verhaltensstörungen sind um so schwerer therapierbar, je länger sie bereits bestehen.

Der erste Schritt einer Therapie muß immer die Verbesserung der Haltungsbedingungen sein. Ein Pferd, das in der Box immer hin und herläuft, oder ein Pferd, das webt, wird damit nicht aufhören, wenn es weiter in einer Box eingesperrt bleibt. Die Haltungsform muß zuerst verändert werden. Im Thema "Haltung und Fütterung" hatten wir herausgefunden, daß die beste Haltungsform für ein Pferd die ganzjährige Weidehaltung ist. Das ist je nach örtlichen Gegebenheiten vielleicht nicht immer machbar. Aber auch ein Auslauf oder der Umzug des Pferdes in einen Paddock ist eine Verbesserung. Darum geht es: Licht, Luft, Platz, Kontakt zu Artgenossen, Außenreize!

Mit ungünstigen Haltungsbedingungen verbunden ist oft auch eine generelle Reizarmut. Mit anderen Worten: In der Box ist einfach nix los! Je öfter man mit dem Pferd also Spaziergänge oder leichte Ausritte unternimmt, desto größer ist die Zeitspanne, in der das Pferd nicht von seinen Verhaltensstörungen geplagt wird.

Eine ebenso wichtige Ursache für die Entstehung von Verhaltensstörungen stellt die Gabe von zuviel Kraftfutter und zuwenig Rauhfutter (Gras, Heu) dar: Kraftfutter ist viel schneller aufgefressen als Heu. Einem Pferd ist aber die Freßdauer pro Tag (oder sogar die Zahl der Kauschläge) genetisch vorgegeben. Auch das führt also zu dauerhaft nicht befriedigten Grundbedürfnissen und somit irgendwann zu Verhaltensstörungen, wie z.B. Koppen, das dann für seine Entstehung nur noch einen einmaligen Streßauslöser benötigt. Also besteht der zweite Schritt der Therapie in der Gabe von ausreichend Rauhfutter und weniger Kraftfutter, in manchen Fällen sogar Leckerli-Verbot.

Heu enthält L-Tryptophan. Das ist ein Ausgangsstoff für die Bildung von Serotonin im Körper. Serotonin ist ein Botenstoff des Nervensystems und sorgt u.a. auch für Wohlbefinden. Ein Mangel an Serotonin führt Pferde (auch Menschen) in einen depressiven Zustand. Depressive Verstimmungen werden oft bei Pferden beobachtet, die unter Verhaltensstörungen leiden.


In den folgenden Artikeln werden exemplarisch einige Verhaltensstörungen beschrieben.