Startseite - Pferde - Trixi

Trixi

Trixi





Wenn man die Fotos sieht, mag man es kaum glauben: Trixi war, als ich sie kennenlernte, nicht mehr zum Reiten zu gebrauchen und war im Umgang eine Katastrophe. Sie konnte nicht einmal mehr mit Kandare angehalten werden und biß ihre kleinen (und großen) Reiter. Dennoch war sie so lernfähig und lernwillig, daß ich sie später mit zwei Stricken am Stallhalfter reiten konnte.




Die Geschichte von Trixi ist interessant aber auch lang, weil wir auf allen Ebenen arbeiten mußten: Rangordnung, Umgang, Bodenarbeit und Reiten.
Auch sieht man an Trixi's Geschichte sehr deutlich, daß man einmal Erlerntes nicht löschen sondern nur durch Lernen neuer Verhaltensmuster überlagern kann. Treten die alten Bedingungen wieder ein, zeigt das Pferd auch bald wieder die alten Verhaltensmuster. Die Arbeit beginnt von Neuem.

Trixi ist eine kleine, kräftige Stute, die aufgrund ihres "Temperaments" seit langer Zeit auf Kandare geritten wurde. Anders war sie einfach nicht in den Griff zu bekommen. Auf Ausritten im Galopp konnte sie nur noch über den durch die Kandare verursachten Schmerz angehalten werden. Oftmals funktionierte auch das nicht mehr. Sie überholte im Galopp die Gruppe, schlug dabei nach anderen Pferden aus und verschwand auch mal mit oder ohne Reiter im Wald, um dort zwischen den Bäumen hindurchzugaloppieren.
Deshalb wurde sie erst einmal nicht mehr zum Reiten eingesetzt. Für einen Kinderferien-Reitbetrieb wäre sie in diesem Zustand einfach zu gefährlich.

So begann meine erste Urlaubswoche mit ihr.

Trixi ist der Chef

Am ersten Tag wollte Trixi gleich beim Putzen die Rangordnung klarstellen: Entweder versuchte sie zuzuschnappen oder mich zwischen ihrem Hinterteil und dem Geländer einzuklemmen. Beim ersten Beißen erwischte sie mich leider, so daß ich sofort durch einen Schlag mit der flachen Hand reagieren mußte. Das Einklemmen am Geländer verhinderte ich, indem ich sie mit dem Griff des Hufkratzers zurückdrückte. Aus diesen Gründen ließ ich sie während des Putzens besonders häufig nach vorn, zurück und zur Seite weichen, um ihr nach und nach das Gefühl zu vermitteln, daß der Chef von uns beiden ich sein würde (der Chef bestimmt Richtung und Geschwindigkeit des anderen!).
Dabei verwendete ich das Prinzip der zwei Punkte, um sie besonders leicht bewegen zu können. Das verstärkte meine Wirkung auf sie.

Auf dem Reitplatz verhinderte Trixi das Aufsteigen, indem sie einfach losging, sobald ich dazu den Fuß in den Steigbügel setzte. Als sie auch beim zweiten Aufstiegversuch nicht stehenblieb, nahm ich den inneren Zügel immer weiter an, bis sie eine extrem enge Volte um mich herumging. Ich drehte mich nur mit und wartete auf ihre Entscheidung. Die fiel erst nach einer gefühlten Ewigkeit: sie blieb schlagartig stehen. Genauso schlagartig ließ ich die Zügel nach. Nun konnte ich in aller Ruhe aufsteigen, denn Trixi hatte ja selbst entschieden, stehenzubleiben.

Trixi hält nicht an

Ich probierte erstmal aus, was sie konnte. Anreiten war nicht schwer, und Trixi ließ sich trotz Wassertrense lenken. Natürlich hielt sie nicht an. Deshalb ließ ich sie an der nächsten Ecke keine Wendung mehr reiten, sondern lenkte sie gegen die Reitplatzbegrenzung. Kurz davor versuchte ich sie wieder anzuhalten, sagte ""Haaalt!"" und Trixi stand. Natürlich nicht wegen meiner Reiterhilfen, sondern wegen der Holzwand. Trotzdem lobte ich sie überschwänglich und streichelte sie am Hals. Das wiederholte ich noch einige Male, bis sie erstmalig auf der langen Seite der Reitbahn auf meine Reiterhilfen reagierte und anhielt. Wenn mich in diesem Moment jemand beim Loben meines Pferdes erlebt hätte, der hätte mir sicherlich deutliche geistige Defizite unterstellt.
Ab jetzt versuchte ich, entspannte reiterliche Spiele durchzuführen, während derer wir mehrere Male wie beiläufig anhielten. Ein erfolgreicher erster Tag.

Allerdings erreichten wir am ersten Tag nicht den hinteren Teil des Reitplatzes; vor dem hatte sie Angst. Deshalb führte ich sie am nächsten Vormittag hinter den Reitplatz und ließ sie dort Gras fressen. Dabei achtete ich darauf, daß sie immer die Blickrichtung vom Reitplatz weg hatte, damit sie dasselbe sah, wie vom Reitplatz aus. Für erfolgreich absolvierte, leichte Übungen lobte und streichelte ich sie, um es ihr dort möglichst angenehm zu machen. Danach konnte ich sie auch zum hinteren Ende des Reitplatzes führen, so daß wir am Nachmittag den gesamten Reitplatz nutzen konnten.

In dieser Urlaubswoche brachten wir beide es bis zum zuverlässigen Durchparieren und Anhalten aus dem Trab. Am Boden mußten wir das Rückwärtsrichten üben, da sie mich beim ersten Versuch umgestoßen hätte, wenn ich nicht zur Seite gegangen wäre - denn sie ging vorwärts. Deshalb ließ ich sie zunächst vor dem kreisenden Seilende zurückweichen, übte mit ihr Seitwärtsdrehungen (Zweiter Punkt!), sowie Vorwärtsgehen und Anhalten, und ließ sie immer wieder ein bis zwei Schritte zurückweichen, bis sie auf leichten Druck von Zügeln und meiner Hand auf ihrer Brust rückwärts ging.

Wunderbare Erfolge?

In meinem nächsten Urlaub wiederholte ich mit Trixi unsere bisherigen Übungen auf dem Reitplatz. Dann übten wir weiter. Mit der Reitlehrerin auf einem anderen Pferd machten wir den ersten Ausritt ins Gelände. Auf dem Rückweg versuchten wir ein Wettrennen, während dem ich Trixi anfeuerte wie ich nur konnte, denn das andere Pferd war größer und schneller. Aus dem Galopp lies sich Trixi nun ganz leicht durch die dicke Wassertrense durchparieren.

Einen Urlaub später führte ich mit ihr Geländeausritte an. An einem dieser Tage entstand auch das obige Foto, auf dem man uns sieht, wie ich Trixi an meinem Seil und einem Führstrick am Stallhalfter über die Wiese reite.

Alles in allem ein wunderschöner Erfolg - allerdings mit einem “Aber”: Heute, wo ich diesen Artikel schreibe, ist das ungefähr zwei Jahre her. Vor kurzem ist man wieder bei der Kandare angelangt. Die nächsten Urlaube werde ich mich also wohl wieder mit Trixi beschäftigen.

Fazit
Einmal Erlerntes kann man nicht beseitigen sondern nur durch Neues überlagern. Können die bisherigen, widrigen Bedingungen nicht abgestellt werden, tauchen alte Verhaltensmuster bald wieder auf.