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Wie man lenkt

Am Anfang meiner Reitkarriere ging mein erstes Pferd Tatan noch dorthin, wohin ich es am Zügel zog. Irgendwann erklärte mir mein (Schul-)Pferd, daß das offiziell nicht ausreicht, und daß ich später bei anderen Pferden damit Schwierigkeiten bekommen würde. Deshalb forderte es nach und nach von mir, mich bezüglich des Reitens von Wendungen, wie man das Lenken in der Reitersprache nennt, zu verbessern und genauer in meinen Anweisungen zu werden. Deshalb tat ich, was ich zuvor bereits gelesen und von der Reitlehrerin gehört hatte: Gleichzeitig zum Zug am Zügel machte ich impulsartig Druck mit dem gleichseitigen Unterschenkel. Mein Pferd nahm das wohlwollend zur Kenntnis und war damit für die nächsten Reitstunden zufrieden.
In einer der nächsten Reitstunden gab mir Tatan dann höflich aber deutlich zu verstehen, daß er es wenig erfreulich fand, wenn ich ihm beim Abwenden jedesmal die Trense halb durch's Maul zog. Er meinte, ich sei jetzt soweit, daß er von mir nunmehr den äußeren, anstehenden Zügel als Gegenpol zum inneren, fordernden Zügel erwarten könnte. - Das sah ich ein, und bemühte mich in den folgenden Reitstunden, besonders auf den äußeren Zügel zu achten.
Ja, richtig! Etwas fehlte noch: Den äußeren, verwahrenden Schenkel, wie er in der Literatur genannt wird, lieferte ich unaufgefordert freiwillig nach, um meinem vierbeinigen Reitlehrer eine Freude zu machen.


Aus dieser kleinen Schilderung können Sie eigentlich schon fast entnehmen, was alles zu tun ist, wenn Sie abwenden (oder lenken) möchten. Trotzdem wollen wir die einzelnen Schritte noch einmal genauer und vollständig betrachten.


Begriffe

Bevor es richtig losgeht, müssen wir allerdings die Verwendung von zwei Begriffen klären:
Wenn wir in irgendeiner Form auf einer Kreisbahn reiten, entstehen eine äußere und eine innere Seite. Das sind Begriffe, die in der Reiterei ganz selbstverständlich immer wieder verwendet werden. Deshalb muß man sie verstehen.



INNEN
Das ist die dem Kreismittelpunkt zugewandte Seite - sie liegt dort, wo wir hinreiten wollen.

AUSSEN
Das ist die vom gedachten Kreis weggewandte Seite - sie liegt dort, wo wir herkommen.


Und wie lenkt man nun?

"Lenken" nennt man in Reiterfachkreisen "Wendungen reiten". Aber das macht nichts. Auch oder gerade beim Reiten von Wendungen gilt: Geben Sie sich und dem Pferd ein Ziel!

Deshalb leiten wir jede Wendung mit einer Blickwendung in die Richtung, in die wir reiten wollen, ein. Mit einfachen Worten: Wir drehen unseren Kopf dahin, wo wir hinreiten wollen. Dabei nehmen wir ein wenig die Schultern mit in die Drehung hinein. So bekommen die Zügel schon die richtige Vorspannung auf der inneren, und Nachgiebigkeit auf der äußeren Seite.
Nun fordern wir durch mehrmaliges Annehmen und Nachgeben am inneren Zügel eine Stellung des Pferdekopfes in die Richtung, in die wir reiten wollen. Dabei behalten wir die ganz leichte Spannung am äußeren Zügel bei. Gleichzeitig zu den Zügelimpulsen geben wir im selben Rhythmus Druck mit dem Unterschenkel gegen den Pferdebauch. Das äußere Bein liegt dabei, leicht nach hinten verlagert, einfach nur am Pferdebauch. Nun wird aus der anfämglichen Stellung des Pferdekopfes eine Biegung des gesamten Pferdes (soweit anatomisch möglich).
Den Rhythmus unserer Zügel- und Schenkelimpulse gibt dabei das Pferd durch seine Schritt-, Trab- oder Galoppfrequenz vor. Am besten orientieren wir uns dabei am inneren Vorderbein des Pferdes: Wenn das nach vorn geht, geben wir den Impuls mit Zügel und Schenkel.

Innerer Zügel(1) und gleichseitiger Schenkel(2) bilden dabei Pol und Gegenpol. (Vergleiche das Prinzip des Zweiten Punktes!)


Zusammenfassung
1. Kopfdrehung nach innen
2. Schulterdrehung nach innen
3. Zügelimpulse (Annehmen - Nachgeben) innen
4. Schenkelimpulse innen
5. Kontakt halten am Zügel außen
6. Verwahren mit dem leicht zurückgelegten Schenkel (hinter dem Sattelgurt) außen