Pferde fragen vorher...Pferde sind höflich. - Häh? - Jaja, Sie haben mich schon ganz richtig verstanden: Pferde sind höflich, denn sie fragen bevor sie etwas tun.Ein Beispiel: Bevor ein Pferd beim Reiten seinen Kopf nach unten reißt (und mir damit die Zügel aus der Hand) um vom leckeren Gras zu fressen, fragt es mich vorher, ob ich einverstanden bin. Der Kopf geht dazu einen Augenblick vorher nur ein Stückchen nach unten. Das ist die Frage des Pferdes: "Du, Chef, da unten wächst leckeres Mittagessen. - Hast du etwas dagegen, wenn ich mal davon koste?" Wenn ich nun im gleichen Moment, also blitzschnell, mit den Zügeln dagegenhalte (aber nicht reißen, nicht ziehen!), und dann den Kopf wieder dasselbe Stückchen nach oben zupfe, antworte ich dem Pferd: "Nee du, jetzt geht das wirklich nicht." Reagiere ich nicht, sagt sich das Pferd: 'Hm, dem da oben ist es wohl egal. Na dann lasse ich es mir schmecken!' und sein Kopf schießt nach unten. Noch ein Beispiel: Stellen Sie sich selbst auf einem Ausritt vor. Ihrem Pferd geht gerade durch den Kopf, daß es eigentlich viel lieber zu Hause geblieben wäre. Als Sie Ihr Pferd aus dem Stall führten, wurde gerade Heu verteilt. Statt dieses nun fressen zu können, muß es Sie jetzt auf seinem Rücken durch den Wald tragen. Von alldem bemerken Sie natürlich nichts. Das Pferd denkt sich: 'Ob mein Mensch wohl etwas dagegen hat, wenn wir umkehren und wieder nach Hause gehen? - Mal fragen.' - Der Kopf des Pferdes bewegt sich nach rechts. Zwei Schritte später folgt der ganze Pferdekörper: Das Pferd hat sich umgedreht und somit die entgegengesetzte Richtung eingeschlagen. - Das war wohl nicht so gut. Irgendetwas lief da offensichtlich schief. Also lieber nochmal von vorn: Das Pferd denkt sich: 'Ob mein Mensch wohl etwas dagegen hat, wenn wir umkehren und wieder nach Hause gehen? - Mal fragen.' - Der Kopf des Pferdes bewegt sich nach rechts. Sofort halten Sie mit dem gegenseitigen linken Zügel dagegen und biegen das Pferd mit dem linken Schenkel und Zügel wieder zurück. Der rechte Schenkel kann dabei leicht nach hinten gelegt werden, der rechte Zügel liegt als Gegengewicht zum linken leicht an. Ein paar Schritte treiben Sie verstärkt vorwärts. Sobald der Kopf wieder nach vorn schaut, lassen Sie jeden jetzt überflüssigen Druck wieder weg. Das Pferd sagt sich: 'Schade. Mein Mensch sagt Nein. - Aber einen Versuch war es wert.' und geht weiter gerade aus. - Schon besser, nicht wahr? Und noch ein Beispiel: Sie führen Ihr Pferd nach dem Reiten wieder auf die Koppel. Am Wegesrand dorthin wächst frisches, leuchtend grünes Gras. Dazwischen junger Löwenzahn, ein wenig Luzerne. Die Ohren des Pferdes drehen sich dorthin. Dann auch sein Kopf. Sie halten mit dem Führstrick dagegen und zupfen den Kopf wieder zu sich zurück. Das Pferd senkt den Kopf und geht weiter an Ihrer Seite geradeaus. - Sicherlich haben Sie das Prinzip schon verstanden! Wenn Sie auf das Drehen der Ohren oder spätestens auf die Kopfbewegung nicht reagiert hätten, würden Sie am Führstrick hängen, während das Pferd schnurstracks auf das Gras am Wegesrand zusteuern würde. Wenn das Pferd (noch) nicht so leicht auf Sie reagiert, setzen Sie das Prinzip des Zweiten Punktes ein. Der Zweite Punkt kann durch Anlegen Ihres Ellbogens an den Pferdehals gebildet werden; der erste Punkt entsteht durch den Zug am Führstrick. Solche Zeichen, solche Fragen werden Sie bald immer häufiger entdecken. Ob Sie ein Pferd führen, ob Sie reiten oder das Pferd putzen. Üben Sie sich darin, solche Fragen zu erkennen! Aber: Erleichtern Sie Ihrem Pferd auch den Gehorsam! Wenn es möglich ist, erlauben Sie Ihrem Pferd beispielsweise auch mal, zu fressen. Das geht am Schluß eines Ausritts, wenn Sie die Trense ohnehin bald abnehmen. Wenn Sie das Pferd nicht zu Gras sondern zu Beifuß lenken, wickelt sich auch nichts um die Trense. Oder wenn Sie das Pferd zur Weide führen: Suchen Sie sich eine Stelle, wo SIE erlauben, daß das Pferd fressen darf. Warten Sie dann ab, bis das Pferd von selbst mit vollem Maul den Kopf ein wenig hebt, um die Umgebung zu sichern. Genau in diesem Moment gehen Sie weiter. Das ist viel leichter, als den Pferdekopf beim Fressen aus dem Gras zu ziehen. Das Pferd lernt dann, daß es im Zusammensein mit Ihnen auch fressen darf: Wenn SIE es für richtig halten. |