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Geht es also ganz ohne Gewalt?

Ein geringer Rest an "notwendiger Gewalt" wird im Umgang mit Schulpferden vielleicht noch lange bleiben, v. a. solange wir noch etwas unsicher sind, denn unsere Möglichkeiten als Reitschüler sind begrenzt: Unser persönlicher Anteil an der "Erziehung" des Pferdes und damit unser Einfluß sind zunächst vergleichsweise gering. Jedesmal stehen wir in gewisser Weise unter Zeit- und Erfolgsdruck, denn die Abteilung reitet nunmal zur festgesetzten Zeit los; bis dahin muß das Pferd fertig geputzt und gesattelt sein, ob es mag oder nicht...
Das läßt sich leider genau so auf das Reiten in der Abteilung übertragen. Hier wird die Reitstunde ja nicht so organisiert, daß sie auf meine und die Bedürfnisse meines Pferdes optimal zugeschnitten ist, denn es sind ja noch andere Reiter dabei, die auch etwas von der Stunde haben sollen. Darüber hinaus bin ich natürlich gezwungen, auf die anderen Reiter Rücksicht zu nehmen. Ich kann also z. B. nicht einfach eine Volte reiten, um meinem Pferd das selbständige Antraben abzugewöhnen. Hinter mir sind ja auch Reiter, die ich dadurch vielleicht in Schwierigkeiten bringen würde. Ganz davon abgesehen darf ich in vielen Reitschulen überhaupt keine eigenen Entscheidungen treffen.

Diese gegebenen Umstände sorgen leider dafür, daß es ausnahmsweise doch noch zu Konfliktsituationen kommen kann, die aber mit unserer fortschreitenden Entwicklung und Weiterbildung immer seltener werden.
Wichtig:
Wenn ein Pferd bereits gegen mich vorgegangen ist, oder beim Reiten gegen ein anderes Pferd, muß ich ihm sofort und klar zu verstehen geben, daß es das nicht durfte.
Beispiel im Klartext: Hat mich ein Pferd gebissen, muß ich - solange ich das noch nicht anders klären kann - sofort zurückhauen (mit der flachen Hand, und nur einmal!). Aber dann ist die Sache auch schon wieder vergessen. Für das Pferd und für mich. Kein Schimpfen, kein Groll, keine unzufriedene Stimme. Auch nicht, wenn der Abdruck der Pferdezähne in meinem Hintern noch deutlich schmerzt! Sondern wir machen so weiter, als wäre gar nichts gewesen.
So ist das dann auch keine "Tierquälerei" sondern wir haben uns in dieser Situation der Art und Weise des Pferdes angepaßt, denn - 'mal ganz einfach gesprochen: Das Pferd hat ja schließlich damit angefangen! Und Pferde untereinander lösen das ganz genauso, nur weniger zimperlich.
Wichtig dabei: Niemals ein Pferd in's Gesicht schlagen! Wenn es schon sein muß, dann Hals- oder Körperseiten treffen. Innerhalb der ersten drei Sekunden nach seinem "Angriff". Nur mit der flachen, leeren Hand, und nur einmal. Es darf klatschen, aber nicht eine Stunde später immer noch wehtun. Dabei niemals die Beherrschung verlieren! Alles andere ist überzogen oder zu spät, daher sinnlos, und schadet dem Vertrauen des Pferdes zu mir oder sogar dem zum Menschen an sich. Wieder gäbe es ein Problempferd mehr.

Besser: Wenn man es später einmal schafft, das Pferd unmittelbar nach seinem Übergriff mittels Gestik und Körpersprache z. B. eine Runde durch seine Box zu scheuchen, kann man auf das Schlagen ganz verzichten. Allerdings muß man sich wirklich sehr sicher sein, und darf dabei niemals z. B. in den Schlagbereich der Hinterhufe geraten! Wer das schafft, hat wieder Richtung und Geschwindigkeit des Pferdes bestimmt. - Das kann nur der Chef! Also: Rangordnung wiederhergestellt!

Noch besser ist natürlich, ich kann das Pferd daran hindern, mich zu beißen, indem ich z. B. den Ellbogen hochnehme, und so dem Pferdekopf den Weg zu mir versperre. Gleichzeitig erhebe ich eventuell kurz die Stimme und nehme direkten Blickkontakt auf, kann aber ansonsten ungerührt das Pferd z. B. weiter putzen. Das ist weit wirksamer, weil das Pferd sieht, daß es mit seinen Versuchen nicht durchkommt und keinen Eindruck auf mich machen kann.

Am allerbesten: Irgendwann habe ich mir durch meine Einstellung und meine Arbeit mit und an den Pferden solche Umgangsformen und eine Ausstrahlung erworben, die das Pferd dazu veranlassen, auf Übergriffe gegen mich von vorn herein zu verzichten.

Hilfe holen...

Besser als jeder (fast immer aussichtlose!) Kampf gegen das Pferd, oder die Beherrschung und damit den Respekt des Pferdes zu verlieren, ist bei solchen Konfliktsituationen, die mich noch überfordern, sich an einen erfahrenen Helfer zu wenden. Dabei sollte man den Helfer gut beobachten, und überlegen, was man selbst noch anders macht als er. Wenn sich seine Hilfe allerdings in Brüllen und Schlagen erschöpft, suche ich mir das nächste Mal einen anderen Helfer.
Wichtig:
Der beste potentielle Helfer dürfte jener sein, der sein Pferd ganz leise auf die andere Seite dirigiert, der nicht ständig sein Pferd ermahnen "muß", und der trotzdem immer rechtzeitig fertig ist.