Startseite - Umgang - Aufmerksamkeit

Aufmerksamkeit

Für die Verwirklichung der im vorherigen Artikel genannten Grundprinzipien ist Aufmerksamkeit erforderlich. Ich muss die Aufmerksamkeit des Pferdes haben. Das Pferd muss aber auch meine Aufmerksamkeit haben. Aufmerksamkeit ist ein Zeichen des gegenseitigen Respekts.

Die Aufmerksamkeit des Pferdes

Beim Umgang mit dem Pferd, beim Putzen, beim Führen, beim Reiten möchte ich, dass mein Pferd mir seine Aufmerksamkeit zuwendet. Der Umgang und das Reiten mit ihm werden dann gefahrloser, denn das Pferd wird weniger von Dingen oder Geschehnissen aus seiner Umwelt abgelenkt, die es z. B. erschrecken könnten.
Wichtig:
Rangordnung und Aufmerksamkeit hängen unmittelbar miteinander zusammen: Wenn die Rangordnung stimmt, habe ich eher die Chance, die Aufmerksamkeit des Pferdes zu bekommen und zu erhalten.
Habe ich die Aufmerksamkeit meines Pferdes, habe ich auch seinen Respekt (zumindest mehr davon) und steige in der Rangordnung.
Auch das macht den Umgang mit meinem Pferd sicherer.

Auf das Thema "Aufmerksamkeit" kommen wir auf den Folgeseiten noch zurück. Wie Sie die Aufmerksamkeit Ihres Pferdes beim Reiten und am Boden fordern und bekommen können, wird in den Artikeln

Umgang mit Pferden: Komm, ich führe dich!
Probleme beim Reiten: Keine Aufmerksamkeit

beschrieben. Das Prinzip ist aber jedesmal dasselbe: Sobald ich bemerke, dass ich die Aufmerksamkeit meines Pferdes verliere (mindestens ein Ohr dreht sich von mir weg), gebe ich mit dem gleichseitigen Zügel oder mit dem Führstrick eine halbe Parade, um an mich zu erinnern, und um dem Pferd zu sagen, dass ich "es" auch gesehen habe. Gleich danach fordere ich das Pferd dazu auf, weiter vorwärts zu gehen. Ich nehme ihm also eine eventuelle eigene Entscheidung ab. Je schneller ich dabei reagiere, desto leichter. Reagiere ich nicht, muss das Pferd davon ausgehen, dass ich die mögliche Gefahr übersehen habe, und dass es selbst die notwendige Entscheidung, was nun zu tun ist, treffen muss. Es erschrickt oder scheut, bleibt wie angewachsen stehen, vielleicht steigt es sogar oder stürmt davon. Je nach dem, was es für die angemessenste Maßnahme in diesem Augenblick hält...

Die Aufmerksamkeit des Menschen

Manchmal beobachtet man Reiter, die während der Arbeit am Pferd (Putzen, Satteln usw.) ins Gespräch mit anderen Reitern vertieft sind. Sie bekommen dann oft gar nicht mit, wohin das Pferd seine Aufmerksamkeit richtet und was es gleich tun wird. Erst wenn es schon mit etwas beschäftigt ist, was dem Reiter nicht recht ist, "korrigiert" er sein Pferd. Dabei wird er manchmal laut, eventuell setzt er sogar Gewalt ein, um das Pferd wieder "zurechtzurücken". Dann wendet er sich wieder seinen Gesprächspartnern zu, beklagt sich über die Unarten seines Gauls, und das unterbrochene Gespräch wird fortgesetzt. Bis sich das Pferd oder ein anderes wieder daneben benimmt. Bei alldem fühlt sich der Reiter im Recht und durch die Unarten seines Pferdes gestört oder belästigt.

Die ganze Zeit hatte der Reiter dem Pferd keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt. Das Pferd hatte also keine Veranlassung, auf Anweisungen des Reiters zu reagieren, denn es waren ja keine da. Das Pferd hatte auch keine Veranlassung mehr, noch weiter auf Anweisungen des Reiters zu warten, denn die Aufmerksamkeit des Reiters war schon längere Zeit nicht mehr auf das Pferd gerichtet. Also begann es, sein Interesse auf andere Dinge zu lenken. Pferde sind neugierig und leicht ablenkbar. Das liegt in ihrer Natur und muss von uns Menschen, die mit ihnen Umgang haben, berücksichtigt werden.

Es gilt eine ganz einfache, klare Regel:
Wichtig:
Möchte ich die Aufmerksamkeit meines Pferdes, muss ich ihm auch meine widmen!
Selbst, wenn Sie in Ihrer Partnerschaft mit dem Pferd nicht die Rolle des befreundeten Pferdes oder des gewählten Führers sondern die des Alphatiers anstreben, gilt diese Regel trotzdem! Jedes ranghöhere Pferd überwacht die Einhaltung seiner Regeln durch die anderen Pferde. Es wendet den anderen Pferden also seine Aufmerksamkeit zu. Tut es das nicht, haben die anderen Pferde keinen Grund, seine Regeln einzuhalten. Deshalb kann ich nicht von einem Pferd erwarten, dass es bei der Sache bleibt, wenn ich selbst mit meiner Konzentration und meinen Gedanken ganz woanders bin. So funktionieren Pferde einfach nicht. - Menschen übrigens auch nicht. Mit dem Unterschied, dass ich einem Menschen Strafe für die Zukunft androhen kann. In der Denkweise der Pferde dagegen fehlt der Zukunftsaspekt weitgehend. Deshalb verfehlt eine in die Zukunft gerichtete Strafandrohung bei Pferden ihr Ziel.